Last Minute-Geschenktipps zu Weihnachten

Weihnachten und vor allem der heilige Abend nahen mit großen Schritten und schon bald sitzen die meisten von uns wieder unterm Baum, trinken Punsch und packen Geschenke aus. Ich bin ja traditionell mit dem Geschenkeinkauf immer eher spät dran. Da ich aber meistens Bücher verschenke, ist das gar kein Problem, wie ihr sicherlich wisst. Einfach in die (am besten unabhängige) Buchhandlung eurer Wahl gehen, Buch gleich mitnehmen oder Buch bestellen und am nächsten Tag abholen. 

Buchtipps Weihnachten 2018

Falls euch jetzt noch die nötige Inspiration fehlt, versuche ich mit meinen folgenden sieben literarischen Geschenkideen Abhilfe zu schaffen.

Lucy Fricke: Töchter

Lucy Fricke: Töchter

Martha und Betty, das sind zwei Freundinnen Ende dreißig, Anfang vierzig. Betty ist eine mäßig erfolgreiche Schriftstellerin, stillt ihre Depressionen mit Tabletten und trauert noch immer ihrem Ziehvater Ernesto nach, der irgendwann in ihrer Kindheit nach Italien verschwunden ist. Martha wiederum führt immerhin eine mehr oder weniger intakte Beziehung, musste allerdings schon drei Fehlgeburten erleben – der Kinderwunsch bleibt dennoch und zehrt an ihren Kräften. Schlimmer geht ja bekanntlich immer und so denkt Martha zunächst, sie höre nicht richtig, als ihr kranker Vater Kurt sie bittet, ihn in die Schweiz zum Sterben zu begleiten. Martha willigt schließlich ein, packt ihre beste Freundin Betty mit ein und so beginnt der tragikomische Roadtrip dieses skurrilen Dreiergespanns. Und es geht noch weiter, nach Italien, in Bettys Vergangenheit, und vor allem in die Abgründe von Eltern-Kind-Beziehungen.
Lucy Fricke hat einen genauso witzigen wie melancholischen Roman geschrieben, der zeigt, dass Frauen auch mit Ende dreißig ob ihrer Lebensplanung noch immer unsicher sein dürfen. Freundschaften können helfen, sich seiner Probleme aus der Vergangenheit zu stellen, ebenfalls – aber der Struggle hört eben nie auf. Für mich ist Töchter einer der besten Romane 2018 und ein tolles Weihnachtsgeschenk auch für Söhne.
Lucy Fricke: Töchter* | Rowohlt | 240 Seiten | 20,– € 

Pippa Goldschmidt: Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen

Pippa Goldschmidt: Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen

Kluge Storys, eine klare Sprache und eine Prise Big Bang Theory  – das sind für mich die Erzählungen von Pippa Goldschmidt. Und noch viel mehr als das. Die promovierte Astronomin verwandelt wissenschaftshistorische Ereignisse (für die ich mich vorher kaum interessierte) in kleine Erzählperlen. In vielen ihrer Geschichten begegnen wir alten Bekannten wie Bertolt Brecht, Albert Einstein oder J. Robert Oppenheimer. In vielen anderen sind es vor allem starke Frauenfiguren, die ihren Platz in dem heute wie damals von Männlichkeit dominierten Wissenschaftsbetrieb suchen. Meine Lieblingsstory ist jene eines Forschers auf einer abgeschiedenen Polarstation, der einer vergangenen Liebe hinterhertrauert. Um ihn herum nur Eis, Schnee, und der tosende Wind. An einigen Tagen wird es nicht einmal hell, der Forscher folgt seinen Routinen. Pippa Goldschmidt beschreibt diesen Zustand der völligen Isolation so eindrücklich, dass ich immer noch versuche, mich in die Forscher hineinzuversetzen.
Wer die Storys von Miranda July und Alexandra Kleeman mag, wird Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen lieben. Eine große Empfehlung für alle, die über den literarischen Tellerrand des eigenen Wissens blicken möchten.
Pippa Goldschmidt: Von der Notwendigkeit, den Weltraum zu ordnen*| Aus dem Englischen von Zoë Beck | Culturbooks | 224 Seiten | 20,– €

Dana Grigorcea: Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen

Dana Grigorcea: Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen

Anna, eine ehemals erfolgreiche Balletttänzerin lebt in einer harmonischen Zweckehe mit einem Arzt in Zürich. Das Ehepaar gibt zusammen Empfänge, sie respektieren sich, er bewundert sie, sie betrügt ihn von Zeit zu Zeit. Immer an ihrer Seite ist ihr kleines maghrebinisches Hündchen. Eigentlich fehlt es Anna an nichts, doch dann begegnet sie plötzlich dem Gärtner Gürkan. An der Promenade des Zürichsees lernen sie sich kennen und nichts ist mehr, wie es vorher war. Doch so nah sie sich einander fühlen, so unterschiedlich sind sie doch. 
Mal in zarten, mal in impulsiven Tönen nähert sich Dana Grigorcea in ihrer Novelle Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen der Sehnsucht nach der Liebe, dem Ankommen und nach lang vergessenen Gefühlen. Ein kleines, feines Buch für Träumende und Zürichfans.
Dana Grigorcea: Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen*| Dörlemann | 128 Seiten | 16,– €

Dirk Skiba: Das Gedicht & sein Double 

Das Gedicht & sein Double (Hrsg. von Nancy Hünger und Helge Pfannenschmidt)

Keine andere Gruppe von Autor*innen hierzulande ist wohl so gut vernetzt wie die der Lyriker*innen. Das ist auch gut und wichtig, nur so kann man sich stark machen gegen die Lyrikverdrossenheit mancher Leser*innen. Das Gedicht & sein Double versammelt hundert der wichtigsten Lyriker*innen im deutschsprachigen Raum, die von Dirk Skiba in den letzten fünf Jahren abgelichtet wurden. In der Anthologie, die mit ihrer großformatigen Gestaltung zum Coffeetablebook taugt, werden die Lyriker*innenporträts einem ausgewählten Gedicht gegenübergestellt. Diese Gedichte sind Reaktionen auf die Fotos von Dirk Skiba, sie ergänzen oder widersprechen sich. Mit dabei sind u. a. Maren Kames, Ulf Stolterfoht, Ronya Othmann, Ianina Ilitcheva oder Marcel Beyer. Ein Muss für alle Lyrikfans, ein Buch, das zum Stöbern und Weiterlesen einlädt, und ein wunderbarer Überblick über die vielschichtige Lyrikszene. 
Dirk Skiba: Das Gedicht & sein Double*| Hrsg. von Nancy Hünger und Helge Pfannenschmidt | edition Azur | 224 Seiten | 34,90 €

Mohamed Amjahid: Unter Weißen

Mohamed Amjahid: Unter Weißen

Der ZEITmagazin-Redakteur Mohamed Amjahid wurde 1988 in Frankfurt am Main geboren und wird doch bis heute in seinem Alltag immer wieder auf seinen Migrationshintergrund reduziert. Vor allem Positivdiskriminierung widerfährt ihm, wenn Weiße sein gutes Deutsch oder seine liberalen Ansichten loben. An Flughäfen wird er aufgrund seiner Hautfarbe stärker kontrolliert als weiße Menschen und so genannte »Biodeutsche« wollen ihm ungefragt von Zeit zu Zeit die deutsche Kultur, die deutschen Rituale und Traditionen näher bringen. 
In seinem Buch Unter Weißen beschreibt Amjahid all diese unfassbaren Situationen und stellt heraus, wie privilegiert Weiße sind, wie wenig sie davon wissen und das der Alltagsrassismus immer noch an der Tagesordnung in Deutschland steht. Ein Buch, das den Leser*innen den Spiegel vorhält und ein perfektes Geschenk für den AfD wählenden Onkel.
Mohamed Amjahid: Unter Weißen. Was es heißt, privilegiert zu sein*| Hanser Berlin | 192 Seiten | 16,– €

Almost 30: The Friendship Issue

Almost 30 Magazin

Mit Anfang zwanzig habe ich Pläne geschmiedet: mit 27 Mutter werden – spätestens–, Festanstellung, eigene Wohnung mit Freund. In anderthalb Wochen werde ich 28 und meine Realität sieht etwas anders aus … WG, befristeter Arbeitsvertrag, Baby noch lange nicht in Sicht. So ähnlich ging es auch den sechs Gründerinnen des neuen Magazins Almost 30. In der ersten Ausgabe, die sich dem Thema Freundschaft widmet, finden sich essayistische und literarische Artikel, Interviews sowie eine tolle Fotostrecke von Caroline Mackintosh. Es gibt deutsche und englische Texte, die Gestaltung des Magazins ist phänomenal. Ein besseres Geschenk für alle fast 30er oder jene, die sich noch immer so fühlen, gibt es nicht.  
We are almost 30 – forever!
Almost 30 | Magazin | 15,– €

Heike Faller / Valerio Vidali: Hundert

Heike Faller / Valerio Vidali: Hundert

Kommen wir nun zu meiner Lieblingsgeschenkempfehlung nicht nur zu Weihnachten, sondern für jede Gelegenheit. Heike Faller, Redakteurin beim ZEITmagazin, hat sich mit dem Illustrator Valerio Vidali zusammengetan und ein so schönes wie berührendes Buch entworfen. In hundert Beobachtungen und Zeichnungen wird hier ein ganzes Menschenleben entworfen mit all den Überraschungen, Glücksmomenten und Enttäuschungen, die es für uns bereithält. Schon beim ersten Aufschlagen dieses Buches wusste ich, dass ich etwas ganz Besonderes in den Händen halte. Verschenkt Hundert an eure Liebsten, an Jung und Alt, an Neugeborene oder eure Großmutter – und blättert es am besten direkt am Weihnachtsabend zusammen durch. 
Heike Faller / Valerio Vidali: Hundert. Was du im Leben lernen wirst *| Kein & Aber | 208 Seiten | 20,– €


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Filed under Blog, Mischmasch

Aufgewachsen im schönen Brandenburg lernte ich schon früh die ländliche Einöde lieben und verteufeln zugleich. Heute kehre ich immer wieder gern heim, wohne allerdings lieber in urbanen Räumen. Lesen geht ja zum Glück überall und bietet Ausflüge in diverse Welten. Hier schreibe ich über meine Lektüren.

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