Der Herbst ist da und mit ihm eine Flut von Literaturveranstaltungen zu Neuerscheinungen und zur nahenden Messe. Noch mal alles rausholen, bevor der Winter dunkel werden könnte. Was sonst noch so los war im September, lest ihr hier.
Gelesen
JULIANE: Nachdem wir Anfang des Jahres bereits den WORTMELDUNGEN Ulrike Crespo Literaturpreis auf unserem Blog begleiten durften, machen wir jetzt mit dem WORTMELDUNGEN Ulrike Crespo Förderpreis weiter. Hierfür habe ich die zehn nominierten Texte gelesen und war sehr begeistert von so viel Mut und Kreativität.
STEFAN: Zwei Bücher habe ich im September rezensiert, die auf eine Weise recht ähnlich, im Effekt für mich aber sehr unterschiedlich sind. Wellen von Heinz Helle hat mich als eine Art unfreiwilliges Corona-Tagebuch überrascht, entgegen der anfänglichen Skepsis aber mit Humor und Tiefgang überzeugt. Seine autofiktionale Schreibweise teilt der Roman mit Fake Accounts von Lauren Oyler – auch wenn das in der Gegenwartsliteratur ja nun gefühlt auf jeden zweiten Roman zutrifft. Treffender ist vielleicht die starke Subjektivität beider Romane, sie sind komplett auf ihre Erzähler*innen bezogen und verbleiben ganz in diesen. Fake Accounts hat es für mich dann aber einfach nicht geschafft, die Leere seiner Hauptfigur mit genug interessanten Gedanken zu füllen, um über die nicht unerhebliche Länge des Romans zu überzeugen.
Gesehen
JULIANE: Juhu, die dritte Staffel der Netflix-Serie Never Have I Ever (dt. Noch nie in meinem Leben) ging online. Stefan und ich ließen uns nicht lange bitten und schauten auch die neuen Folgen mit genauso viel Genuss wie die ersten. Diese Serie ist die witzigere und diversere Version jeder High-School-Serie aus den Nullerjahren.
STEFAN: Endlich ist die vierte Staffel von Handmaid’s Tale bei Prime verfügbar. Wir haben sie gleich durchgeschaut, und ich war wieder sehr begeistert. Für mich vereint die Serie einfach auf wunderbare Weise eine gut gemachte und in seiner dunklen Hoffnungslosigkeit absolut passende Ästhetik mit durchgängiger, auf unterschiedlichen Ebenen wirkender Spannung. Auch wenn June in ihrer unnachgiebigen Art den Zuschauer*innen hier mehr als in den bisherigen Staffeln zumutet, ist auch diese Staffel wieder ein voller Erfolg.
Außerdem haben wir noch die Revenge Porn-Doku The Most Hated Man on the Internet über Taylor Moore und seine Webseite isanyoneup.com geschaut. Dramaturgisch gut gemacht zeigt diese Doku persönliche Abgründe eines Psycho- und Soziopathen auf und erzählt die Geschichte seines Niedergangs. Ich bin gespannt, wie viele Geschichten wie diese noch zu finden sind, um das Genre weiter am Leben zu halten.
Gehört
JULIANE: Ich habe mich im September mal wieder einem Hörbuch bei BookBeat gewidmet: Wir sind doch alle längst gleichberechtigt! von Alexandra Zykunov. Obwohl ich gar keine Kinder habe und es bei Zykunov vorrangig um die Gleichberechtigung bezogen auf Elternschaft geht, fand ich dieses Sachbuch doch sehr erhellend. Es gibt eben immer wieder neue Aspekte im Feminismus, die man sich zu Gemüte führen sollte, und Alexandra Zykunov macht mit ihrer wütenden Art zu lesen die Hörer*innen direkt mitwütend – zu Recht.
STEFAN: Die wilde Fahrt durch die Musik meiner Jugend geht irgendwie immer weiter, gerade höre ich wieder sehr viel Samiam. Der melancholische Punk aus den Neunzigern und frühen 2000ern geht einfach immer, auch das spätere, eher indierockige Album »Trips« geht klar. Die Klassiker-Alben »Clumsy«, »You’re freaking me out« und »Astray« laufen aber doch deutlich öfter durch. Für mich einfach ein perfekter Mix von Melancholie und Power mit einer ordentlichen Packung Teenage Angst, die aber immer in einem sehr melodischen Rahmen bleibt.
Das Teenage Angst-Überalbum »Burn, Piano Island, Burn« von den Blood Brothers musste ich dann aber auch noch einige Male hören. Es ist musikgewordene Verzweiflung und die Vertonung einer Welt, die keinen Halt mehr bietet. Krassestes Album ever, würde ich sagen, mit den besten Texten.
Gemacht
JULIANE: Hanser Berlin hat 10-Jähriges gefeiert, und wir durften mit anstoßen. Schön war’s, die ganzen lieben Kolleg*innen und Blogger*innen an diesem lauen Herbstabend in schönster Kulisse mal wiederzusehen. Zwei Wochen später folgte dann direkt das nächste Highlight: Die Verlage Kanon, Voland & Quist, Leykam sowie Kremayr & Scheriau haben eine Indie-Night veranstaltet – Mini-Lesungen, LEX-Buffet und Tanzen bis zum Rausschmiss, herrlich war’s!
STEFAN: Die Verlage in Berlin überschlagen sich mit Veranstaltungen in diesem September. Neben Hanser und der Indie-Nacht waren wir noch auf einem überaus netten Pizza-Abend im Biergarten mit Helene Bukowski, die dort ihren neuen Roman Die Kriegerin vorgestellt hat. Und der Kanon Verlag hat Einzug in die neuen Verlagsräume in Schöneberg gefeiert.
Ganz abseits der Verlagswelt waren wir außerdem zum ersten mal im Belantis in Leipzig. Auch wenn ich alles, was sich dreht, mittlerweile großräumig meiden muss, haben mich die Achterbahnen sehr geflasht. Je steiler desto besser, da kommt das Kind wieder komplett raus. Einfach schön, mal alles zu vergessen und nur noch durch die Bahn zu ballern. Auf ein paar kleinen Konzerten war ich auch mal wieder, das habe ich echt viel zu lange nicht mehr gemacht. Anscheinend hänge ich doch noch mehr im Corona-Trott der letzten Jahre als gedacht.
Geklickt
JULIANE: Ich war mal wieder auf der Homepage meines Lieblingsmuseums C/O Berlin unterwegs, um mich zur aktuellen Ausstellung »Queerness in Photography« zu belesen und sie anschließend an einem Sonntagnachmittag mit meinem Freund Philipp zu besuchen. Sehr empfehlenswert, besonders in Kombination mit einem Stück Kuchen vorab.
STEFAN: Hmmmm, Eis: