Laura Freudenthaler: Arson

Die Hitze bleibt: In Arson von Laura Freudenthaler hat die Welt sich aufgeheizt, das Feuer ist zur allgegenwärtigen Gefahr für die vertrocknete Natur und die Menschen geworden. Eine überaus literarische Near-Future-Dystopie.

Arson Cover

2023 war es so weit, die Marke von 1,5 Grad Erwärmung gegenüber 1990 wurde im Jahresmittel überschritten. Natürlich ist das erstmal ein singuläres Ereignis, erst ab dem 10-Jahres-Mittel können wir von einer langfristigen Entwicklung sprechen. Nichtsdestotrotz hatte ein großer Teil der Klimaforscher*innen erst gegen 2040 mit einer derart starken Erwärmung gerechnet, und der sehr warme Januar 2024 zeigt weiter in eine klare Richtung.

Nun wurde der Gegenwartsliteratur ja lautstark vorgeworfen, den menschengemachten Klimawandel nicht ausreichend zu thematisieren. Das war schon damals, 2022 glaube ich, ziemlicher Quatsch. Zahlreiche Romane beschäftigten sich schon zu jener Zeit und weit davor mit der Erwärmung unserer Welt, und viele mehr haben es seitdem getan. Tatsächlich bildet die Literatur mittlerweile ein überaus lebendiges Forschungslabor möglicher Zukünfte ab. Und die meisten davon sind nicht gerade erstrebenswert. Kein Wunder angesichts der aktuellen Naturkatastrophen, die nur noch zunehmen werden.

Laura Freudenthalers Roman Arson gibt ebenfalls Einblick in eine mögliche Zukunft. Wo andere Near-Future-Dystopien wie Malé von Roman Ehrlich oder Auf See von Theresia Enzensberger sich aufs Wasser verlegen, bleibt Arson an Land. Doch es wird nicht mehr das Land sein, das wir kennen. Die Hitze hat das Land ausgetrocknet, die Wüsten haben sich ausgebreitet, der Wald vertrocknet. Und es brennt.

So kommt der Name des Romans, Arson, englisch für Brandstiftung, nicht von ungefähr. Die Welt des Romans brennt, wir tauchen mit einem Protagonisten komplett darin ein. Denn er ist Feuerwehrmann, was in dieser Zukunft ein noch viel wichtigerer und stressigerer Beruf ist als heute. Mit Kameras wird per Satellit alles überwacht, was nur im Entferntesten brennen könnte, denn einmal entfacht, sind ganze Landstriche bedroht – nicht nur in den südlichen Breitengraden.

Erzählt wird dies aus zwei Situationen heraus. Im Zentrum steht ein steter Gedankenfluss der Erzählerin, die über die brennende Welt nachdenkt und sich gleichzeitig von ihr entfernt – sowohl räumlich in ein abgelegenes, komplett abgeriegeltes Anwesen, als auch mental, indem sie sich immer weiter vor sozialen Kontakten verschließt. In der Einsamkeit formieren sich ihre Gedanken zu Spiralen, die nur selten nach oben zeigen.

Ein durchgängiges Thema darin ist das Gespräch zwischen einem ihrer verbliebenen Freunde, einem Meteorologen, und seiner Therapeutin. Per Satellit wacht er über das Land und versucht, jeden möglichen Brandherd zu entdecken, bevor er zur Katastrophe führt. Die allgegenwärtige Bedrohung hat sich in sein Bewusstsein gefressen und lässt ihn nicht mehr ruhen. Es gibt ein dauerndes abwägen, ob, und wenn ja, wie viele und welche Pillen er nehmen soll, um sich in den Schlaf zu flüchten.

Arson ist geprägt von einer dunklen Ruhe, die tief in die Sprache der Erzählerin gesunken ist, und das Bewusstsein der permanenten Bedrohung spiegelt. Gleichzeitig wird durch die Erzählhaltung aber auch eine große Distanz erzeugt, denn es gibt keine Handlung, keinen eindeutigen roten Faden, der durch den Roman laufen würde. Die Mischung lässt ein kaltes Gruseln entstehen, das dem Brennen der Welt fassungslos gegenübersteht. Ein packendes Buch, das viel Aufmerksamkeit einfordert, um den springenden Gedanken folgen zu können.

Laura Freudenthaler: Arson | Jung und Jung | 256 Seiten | 24 Euro | Erschienen im September 2023

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Ich bin im Niemandsland von NRW zwischen Tagebauten und Kraftwerken aufgewachsen, da gab es nur wenige Argumente gegen ausgiebiges Lesen, um der Tristesse zu entkommen. Dann ging es nach Aachen, später nach Köln, dann nach Göttingen und nun lebe ich in Berlin und arbeite als Buchhersteller. Nebenbei spiele ich noch in Bands, meine zweite Leidenschaft ist ganz klar die Musik! Oder doch Kochen und Essen? Schwer zu sagen.

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