Wie schaffe ich es, meine Söhne so zu erziehen, dass sie keine Arschlöcher werden? In ihrem Sachbuch Söhne großziehen als Feministin tastet sich Shila Behjat an diese und weitere Fragen heran.
Nicht erst seit gestern wissen wir: Auf die Erziehung der Söhne kommt es an. Wenn wir eine gerechtere Welt wollen, uns einen Ausweg aus dem Patriarchat wünschen, sollten wir vor allem die Männer von morgen mit anderen Werten aufwachsen lassen, als es vielleicht die Generationen vor uns getan haben. Dennoch bleibt die Frage: aber wie?
Diese Frage stellte sich auch die Journalistin und Autorin Shila Behjat schon seit Längerem, genau genommen seitdem sie Mutter von zwei Söhnen ist. Denn im Vorhinein wirkt das mit der feministischen Erziehung immer relativ einfach: »Na klar, ich bin Feministin, also erziehe ich feministisch.« Dass dann ganz schnell äußere Faktoren dazukommen, die da vielleicht andere Vorstellungen haben (Kita, Großeltern, etc.) und Zweifel (Ist das jetzt noch feministisch, wenn mein Sohn sich so gern mit anderen Jungs rauft oder muss ich das unterbinden?) ahnt man vorher oftmals nicht.
In ihrem Buch Söhne großziehen als Feministin geht die Autorin diesem Spannungsfeld von feministischen Wunschvorstellungen und Realität auf den Grund und zeichnet ein umfassendes Bild von Missständen, die uns in Sachen Gleichberechtigung immer noch umgeben. Dabei bleibt sie nicht nur bei der Erziehung ihrer Söhne, sondern reflektiert auch ihr eigenes Aufwachsen mit deutschiranischen Wurzeln und setzt so immer wieder intersektionale Impulse.
Alles in allem stand bei Behjats Buch das Streitgespräch für mich im Vordergrund. Die Autorin hadert immer wieder mit Glaubenssätzen, die konträr zu ihrem Alltag stehen und lässt uns sehr nah teilhaben an ihren Zweifeln, aber auch fundierten Recherchen zum Stand der Gleichberechtigung. So kann Söhne großziehen als Feministin als ein wertvoller Beitrag zur aktuellen Feminismusdebatte gelesen werden.
Der Titel – vor allem wenn man den dazugehörigen Untertitel Ein Streitgespräch mit mir selbst überliest – könnte ein wenig in die Irre führen und annehmen lassen, dass es sich bei dem Buch um eine Art Ratgeber handelt. Tatsächlich hätte es für mich auch noch die ein oder andere Anekdote mehr aus dem persönlichen Erleben der Autorin als Mutter von zwei Söhnen geben können. Ich konnte mich aber schnell darauf einstellen, dass dies einfach nicht der Fokus des Buches ist. Und vielleicht noch etwas, das vom Titel her nicht ganz deutlich wird: Dieses Buch darf gern von allen Eltern, besser noch von allen Menschen gelesen werden.
Shila Behjat: Söhne großziehen als Feministin. Ein Streitgespräch mit mir selbst | Hanser Verlag | 200 Seiten | 23 Euro | Erschienen im Februar 2024