Carla Kaspari: Das Ende ist beruhigend

Vom Ende der Hoffnung: Carla Kaspari schreibt in Das Ende ist beruhigend von einer apokalyptischen Welt nach dem Klimakollaps, in der Hoffnung zu einem raren Gut geworden ist – das sich der immer noch lebende Kapitalismus natürlich einverleibt.

Caspari, Das Ende ist beruhigend, Cover

Die Gegensätze könnten kaum größer sein. Esther lebt in einem Dorf irgendwo in Italien. Es leben fast nur Kreative hier. Sie bekommen den nötigen Freiraum, um an ihrer Kunst zu arbeiten, sich ihr komplett zu widmen. Um sie zu unterstützen gibt es Coaching, Therapieangebote, Meditationen und Dorfveranstaltungen, die alle zusammen begehen. Es ist eine sehr respektvolle, achtsame Gemeinschaft, die die Grenzen aller Bewohner*innen berücksichtigt und nur das Nötigste für sich selbst beansprucht.

In einem angenehmen Klima gehen so die Tage und Wochen dahin, während draußen eine gänzlich andere Welt zu finden ist. Denn das Dorf Spes 1 liegt unter einer Kuppel und ist hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt. Italien südlich der Alpen ist schon lange nicht mehr bewohnbar, die Menschen leben nur noch in den nördlichsten Gefilden, und die Grenzen zum unbewohnbaren Bereich wandert gnadenlos immer weiter Richtung Norden. Mit Helmen schützen sich die Menschen gegen Hitze, Luftverschmutzung und den Staub, der alles bedeckt und den Planeten langsam aber sicher zu einer Wüste werden lässt. Kein Wunder, dass die Menschen die Hoffnung verlieren.

Das Ende ist beruhigend von Carla Kaspari ist eine lupenreine Klima-Dystopie. Der Roman zeichnet eine lebensfeindliche Welt, die sich immer weiter verkleinert. Die Spuren unseres heutigen Wohlstands sind noch zu erkennen, doch hat sich die Ungleichheit weiter verschärft. Es herrscht eine Oligarchie, in der Überreiche entscheiden, was zu tun ist. So schreibt sich im Roman fort, was wir heute, ganz aktuell vor allem in den USA, aber auch in anderen Ländern, an politischen Entwicklungen sehen. Der Kapitalismus überwölbt die politische Sphäre komplett und macht alle Bestrebungen zunichte, die Klimakatastrophe aufzuhalten.

Ein Teil der Strategie, die kapitalistische Welt weiter am Laufen zu halten, sind die Spes-Dörfer – wie das, in dem Esther lebt. Die Handlung des Romans dreht sich ganz darum, aufzudecken, was diese Dörfer eigentlich sind, wie sie funktionieren und welchen Zwecken sie dienen. Esther steht im Zentrum der Geschichte, ein zweiter Strang verfolgt den Oligarchen Dean, dessen Idee die Dörfer waren. Mit jedem Kapitel konkretisiert sich die Natur der Dörfer ein kleines bisschen mehr. Das baut Spannung auf, man möchte wissen, was hinter dem Projekt steckt und wie es sich in die Zukunftswelt des Romans einfügt.

Die dystopische Welt von Das Ende ist beruhigend konnte mich aber nicht ganz überzeugen. Das World Buildung ist langsam und beständig, man lernt die Welt immer ein wenig besser kennen. Leerstellen erzeugen Spannung, doch vieles bleibt dabei irgendwie undurchdacht und lapidar, was einen nicht wirklich in die Welt zieht. Immer wieder wirken Aspekte der Welt unlogisch, handeln Figuren eigenartig, ohne dass das durch die Handlung oder ihren Charakter motiviert wäre. Dazu kommt ein bewusst schlichter Stil, der in seiner Schlichtheit aber leider nie wirklich elegant, sondern eher etwas nichtssagend wirkt.

Das Ende wirkt beruhigend von Carla Kaspari ist eine Klima-Dystopie, die sich ins Genre des Krimis oder vielleicht auch Thrillers lehnt, ohne jedoch richtig reinzugehen. Das wirkt unentschieden, und es hapert auch ein wenig beim dystopischen World Building. Der kapitalismuskritische Ansatz ist aber gut gewählt, schließt an aktuelle Entwicklungen an und führt diese konsequent weiter. Er allein reicht aber für mich leider nicht, um den Roman richtig gut zu machen, womit am Ende ein ziemlich durchschnittlicher Eindruck bleibt.

Carla Kaspari: Das Ende ist beruhigend | Kiepenheuer & Witsch | 272 Seiten | 22 Euro | Erschienen im April 2025

Kategorie Blog, Rezensionen

Ich bin im Niemandsland von NRW zwischen Tagebauten und Kraftwerken aufgewachsen, da gab es nur wenige Argumente gegen ausgiebiges Lesen, um der Tristesse zu entkommen. Dann ging es nach Aachen, später nach Köln, dann nach Göttingen und nun lebe ich in Berlin und arbeite als Buchhersteller. Nebenbei spiele ich noch in Bands, meine zweite Leidenschaft ist ganz klar die Musik! Oder doch Kochen und Essen? Schwer zu sagen.

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