Der Juni bringt den Sommer mit voller Wucht und ohne Gnade, auch außenpolitisch wird es zunehmend beklemmend. Was bei uns sonst noch so los war, lest ihr hier.
Gelesen
JULIANE: Ganze drei Bücher habe ich im Juni gelesen – wow! Muss aber dazu schreiben, dass zwei davon Graphic Novels und damit nicht allzu textlastig waren. Aber trotzdem! Mit Urlaub vom Patriarchat von Friederike Oertel startete mein Lesemonat – ein großartig recherchiertes, kluges sowie persönliches erzählendes Sachbuch über eine Reise in eines der wenigen Matriarchate der Welt nach Mexiko. Die beiden Graphic Novels haben mich ebenfalls sehr begeistert, zum einen Liv Strömquists I’m every woman – wie immer schön feministisch – und zum anderen Kinderland von Mawil über eine Kindheit in der DDR kurz vor der Wende.
STEFAN: Der Kaiser der Freude von Ocean Vuong ist durch und rezensiert. Der Roman ist eine Hymne auf die US-amerikanischen Mindestlohnarbeiter*innen, die im Gedächtnis bleibt. Schade fand ich allerdings, dass die einmalige Stimme des Debüts sich hier doch sehr weit dem typischen Erzählton der Great American Novel zuneigt und damit leider seine Einmaligkeit verliert.
Danach habe ich Tausendmal so viel Geld wie jetzt von Juan S. Guse gelesen. Nach dem phänomenalen Miami Punk diesmal kein Roman, sondern eine Art Reportage über (z.T. kurzzeitige) Kryptomillionäre, die auf unterschiedliche Art mit ihrem unerwarteten Reichtum umgehen – aber alle von der Kryptowelt voll überzeugt sind.
Und dann habe ich noch den Debütroman Palo Santo von Das-Wetter- und Korbinian-(Mit-)Macher Sascha Ehlert gelesen, den ich zuvor auch auf der Arbeit herstellerisch betreut habe. Eine Liebesgeschichte zwischen Berlin und Los Angeles, in der die Stadt der Träume ihrem Namen alle Ehre macht, aber die Projektionen auch nicht zu kurz kommen.
Gerade lese ich das Leseexemplar von Hundesohn, den Debütroman von Ozan Zakariya Keskinkılıç, der im September erscheint. Sprachlich stark geht es auch hier um eine Liebesgeschichte, wobei der Roman vor allem in die Zwischenräume geht – und zwar nicht nur in die von Zakariya und Hassan, sondern weit darüber hinaus. Promising!
Gesehen
JULIANE: Auf Mubi gibt es gerade die ersten beiden Staffeln der Serie Twin Peaks, die nicht nur in meinem Geburtsjahr 1990 erstmalig ausgestrahlt wurde, sondern die amerikanische Serienlandschaft auch maßgeblich verändert hat. Die Serie ist eine tolle Mischung aus Krimi, Drama und auch humorvollen Teilen. Ich war erst skeptisch, ob es nicht komisch sein könnte, einen solch alten Schinken zu schauen, aber bin total begeistert und auch sehr interessiert an den filmischen Mitteln der damaligen Zeit. Es wurde einfach noch sooooo langsam erzählt damals, ein Hochgeunns für mein Social Media-geschädigtes Gehirn.
STEFAN: Im Juni habe ich die Serie Mare of Easttown angeschaut, mit einer großartigen Kate Winslet in der Hauptrolle. Die Serie mischt den Mord an einer jungen Mutter, der die ganze Kleinstadt aufbringt, mit der Lebensgeschichte der Hauptfigur Mare. Langsam und eindringlich erzählt, dazu mit ganz vielen Problemen der gegenwärtigen USA getränkt.
Außerdem habe ich noch in einige Kurzserien auf Netflix reingeschaut. The Survivors ist ein australisches Drama, das sich um ein dunkles Geheimnis in einem kleinen Küstenort dreht. Ganz spannend, aber irgendwie nicht so richtig zwingend. Besser fand ich The Waterfront, das eine Familie in Florida zeigt, die ins Drogengeschäft rutscht und damit die Gegenwart komplett durchgerüttelt wird, wobei auch die Vergangenheit plötzlich wieder aktuell wird. Spannend erzählt, ziemlich brutal und mit komplexeren Charakteren bestückt konnte mich die Serie sehr gut unterhalten.
Gehört
JULIANE: Ich habe seit Anfang Juni wieder ein BookBeat-Abo und diesen Monat die zwei Hörbücher von Evelyn Weigert – von ihr persönlich eingesprochen – gehört. Peace, Moms fand ich sehr cool, wie ein lockeres Gespräch mit einer anderen Mutter. Ihr Erstling Peace, Bitches konnte mich dagegen nicht ganz überzeugen – zu oberflächlich, zu nichtssagend.
STEFAN: Ich war ein gutes Stück unterwegs auf der Memory Lane und habe passend zum Get Up Kids-Konzert vom letzten Monat viele alte Alben nochmal gehört. Lange hängengeblieben bin ich mal wieder bei At the Drive-In, die mich schon wirklich lange begleiten. Vor allem In/Casino/Out, aber natürlich auch der große Wurf Relationship of Command liefen rauf und runter – einfach großartige Musik, in der ich mich immer noch verlieren kann. Überraschender war für mich aber, dass ich auch sehr viel Jimmy Eat Word gehört habe. Der Emo-Klassiker Clarity, aber auch das deutlich poppigere Bleed American machen mir gerade wieder richtig Spaß.
Gemacht
JULIANE: Der Juni war gespickt mit tollen Unternehmungen. Wir waren in Schwaben auf dem 30. Geburtstag einer lieben Freundin, ich habe ein Wochenende mit meiner besten Freundin in Brandenburg verbracht, bin zum ersten Mal mit Kind hinten drauf Fahrrad gefahren (crazy!) und war bei der Buchpremiere meiner Freundin Frieda – große Empfehlung für Urlaub vom Patriarchat an dieser Stelle!
STEFAN: Ich war im Juni auf der Berlin-Premiere von Juan S. Guses neuem Buch Tausendmal mehr Geld als jetzt. Mit sehr guter Moderation von Daniel Stähr und einem Autor in Hochform war es ein richtig guter Abend im Literaturforum im Brecht-Haus. Das Buch hatte ich vorher schon gelesen, der Bericht folgt in Kürze an bekannter Stelle.