Mein erster Band der neuen KiWi Musikbibliothek, und gleich ein Knaller: In seiner Hommage Die Toten Hosen erzählt Thees Uhlmann praktisch nichts Neues und sagt doch eigentlich alles. Das muss man erst mal hinkriegen.
Ich muss es ganz ehrlich sagen: Ich habe Die Toten Hosen aus der neuen KiWi Musikbibliothek eigentlich nur wegen Thees Uhlmann in die Hand genommen. Mir sind die Hosen zwar nicht komplett egal, aber spätestens seit sie im Universum des Stadion-Rock-Schlagers angekommen sind, bin ich endgültig raus. Als ca. 10-Jähriger habe ich aber wohlgemerkt mehr als ein paar Mal vor dem heimischen Tapedeck (meiner Eltern) gehockt und mir meine von Freunden überspielte Kassette von Reich & sexy angehört. Das Best-of-Album von 1993 – muss man sich auch mal überlegen.
Die Hosen waren also durchaus für mich ein Einstieg in den Punk, die Lieder vom Album kenne ich wahrscheinlich zu großen Teilen immer noch auswendig. Aber danach hat man sich aus den Augen verloren, wie es so schön heißt. Ich habe die Hosen nie live gesehen und auch nie wieder ein Album gehört (oder auch mal eins gekauft). Es kamen irgendwie andere Sachen, die ich dann spannender fand. Vor allem aus Schweden, das war damals irgendwie der heiße Scheiß. Naja.
Irgendwann viel später kam dann mal Hamburger Schule, und damit Tomte, und damit dann auch Thees Uhlmann. Ich mag seine Texte, seine Art zu schreiben und vor allem seinen Humor, und deshalb wollte ich Die Toten Hosen lesen. Und das hat sich dann auch gelohnt. Denn gerade sein selbstironischer Humor zieht sich wie dickster nordniedersächsischer Käse durch das kleine Bändchen. Wenn es sowas gibt. Und verleiht ihm ein sehr schönes, warmes Aroma.
Uhlmanns erstes Konzert waren Die Toten Hosen in Hamburg 1988. Der Band setzt mit der Schilderung des Konzerts ein (und des großen Drumherum für einen pubertierenden Jugendlichen):
Wir versuchten krampfhaft, beisammenzubleiben. Ich glaube, ich kaufte bei dem Konzert noch nicht mal Bier, weil man in diesem Alter überhaupt kein Geld dafür hat, um sich ein Bier beim Konzert zu kaufen. Heute versuche ich, als Allererstes bei einem Konzert an den Tresen zu kommen, um das alles überhaupt auszuhalten.
So schlängelt sich die Erzählung weiter durch die folgenden Jahre, nicht chronologisch, aber immer geprägt und zusammengehalten von der ganz eigenen Sprache Uhlmanns. Das betone ich bewusst nochmal, denn wer damit nichts anzufangen vermag, wird hier vielleicht auch nur mit dem Kopf schütteln. Man muss es so deutlich sagen: Die Toten Hosen ist in erster Linie Die Thees-Uhlmann-Show, in der er Jahre und Ereignisse, die sich mit den Toten Hosen berührt haben, Revue passieren lässt. Uhlmann erzählt von all den tollen Menschen, die er kennt, und die überraschend oft auch einen Bezug zu den Toten Hosen haben. Mal näher, mal entfernter.
Ich für meinen Teil mochte diese Show sehr, vor allem auch, da sie eine überaus persönliche ist. Natürlich stehen die Titel der KiWi Musikbibliothek unter dem Motto »radikal subjektive Liebeserklärungen«, aber das hier fand ich schon besonders. Man bildet sich am Ende fast ein, Uhlmann zu kennen und erwischt sich dabei, über einen Termin für ein gemeinsames Bier nachzudenken.
Die Toten Hosen von Thees Uhlmann liefert damit genau das ab, was versprochen wird. Nämlich radikal subjektiv zu sein, also ohne sich um das eigentlich Thema zu sehr zu scheren. Und eine Liebeserklärung ist es allemal. Nicht nur an die Toten Hosen, aber doch ganz besonders an diese. Ein herzerwärmendes kleines Buch, das Lust auf mehr macht. Dass die kleinen Bände auch gestalterisch schön und besonders sind, rundet die Sache noch ab. Guter Einstieg!
Thees Uhlmann
Die Toten Hosen
Kiepenheuer & Witsch
192 Seiten | 12 Euro
Erschienen am 10.10.2019