Still und heimlich baut sich die KiWi Musikbibliothek immer weiter aus. Ohne große Enttäuschungen schaffen es die Bände, ganz persönliche Blicke auf Künstler*innen zu richten. Diesmal auf die Beatles, Leonard Cohen und Take That.
Dem Band zu den Toten Hosen von Thees Uhlmann habe ich ja bereits einen größeren Artikel gewidmet. Er war für mich ein sehr guter Auftakt einer Reihe, die mir mit jedem Band mehr ans Herz wächst. Ganz nach dem Motto der absolut subjektiven Fantümelei waren die Bände bisher immer kleine Oden an die Freude, leicht, witzig, persönlich. So auch die drei Bände zu den Beatles, Leonard Cohen und Take That.
Mit Frank Goosen konnte KiWi einen der bekanntesten Musik-Literaten Deutschlands gewinnen, wobei das wohl falsch ausgedrückt ist. Einer Anekdote im Band zufolge wäre er höchst beleidigt gewesen, nicht als erster gefragt worden zu sein. Denn die Beatles sind und waren seine große Leidenschaft von Kindesbeinen an. Das merkt man dem Band an, der unverhohlen schwärmt und die Geschichte einer Kindheit im Ruhrpott der 1970er Jahre erzählt. Doch dabei stoppt Goosen nicht, sondern geht weiter zur heutigen Beatlesmania in Liverpool und macht abschließend eine Tour de Force durch alle Alben, lange nachdem er manche von ihnen zuletzt gehört hat.
Eine Hommage an die vielleicht wichtigste Band der Musikgeschichte, die Persönliches mit Anekdoten, Insiderwissen mit peinlichen Wissenslücken und die kuriosen Blüten der Beatles-Verehrung vor allem in Liverpool aufgreift. Ein würdiger Band.
In der Mitte dieses – natürlich chronologisch aufgebauten – Specials steht der Band von Klaus Modick über Leonard Cohen. Wo soll man da anfangen, denkt man sich, so unfassbar viele Alben haben nur wenige Künstler*innen zustande gebracht, ohne groß zu enttäuschen. Modick versucht gar nicht erst, sich dem riesigen Werk zu widmen, sondern erzählt statt dessen die Coming-of-Age-Geschichte von Lukas. Und zwar als Weg zu sexueller wie romantischer Befreiung aus den Fesseln der Pubertät. Diese Befreiung berührt sich immer wieder mit der Musik von Leonard Cohen und strukturiert sie so gewissermaßen.
Viel mehr erfährt man nicht über den Künstler, was am Ende doch zumindest ein klein wenig enttäuschend ist. Auch ist die Geschichte von Lukas nicht ganz so persönlich und warmherzig erzählt wie andere Bände, auch wenn der Name Lukas wohl nicht ganz zufällig ein Anagramm von Klaus ist. Trotzdem fehlte mir hier etwas, und die doch etwas altbacken bis piefige Gedankenwelt des Erzählers hat es nicht besser gemacht. Der für mich bisher schwächste Band.
Zu guter Letzt aber dann noch ein Aha-Erlebnis: Anja Rützel schreibt derart entwaffnend ehrlich über ihre Liebe zu Take That, dass man sie mehrfach gleich in den Arm nehmen möchte. Und ja, es ist tatsächlich eine absolut und zutiefst ernste Liebe, die die oft ironische Kommentatorin des deutschen Trash-TVs hier vorträgt. Was nicht bedeutet, dass sie nicht überaus unterhaltsam beschrieben ist.
So setzt sie der zumindest in Europa wohl größten Boyband aller Zeiten ein bedeutendes Denkmal. Sie seziert die Zusammensetzung der Band anhand einer Analyse der einzelnen Mitglieder, macht dabei keinen Hehl aus ihren Vorlieben, bleibt größtenteils bei der Wahrheit und schert nur da aus, wo die Phantasien doch eigentlich so viel schöner wären. Damit macht sie genau das, wofür Boybands geschaffen werden: Projektionsflächen für Begehren zu sein, Phantasien zu erschaffen, die sie niemals widerlegen sollten. Auch wenn das vielleicht nicht immer geklappt hat.
Frank Goosen über The Beatles | Band 7 | 192 Seiten |
12 Euro | Erschienen im Februar 2020
Klaus Modick über Leonard Cohen | Band 5 | 144 Seiten |
10 Euro | Erschienen im Februar 2020
Anja Rützel über Take That | Band 2 | 160 Seiten |
10 Euro | Erschienen im Oktober 2019