Kurz angerissen // We are Feminists, Anna Prizkau, Jacqueline Woodson

Hier kommen ein paar neue Kurzrezensionen für euch, mit dabei sind der Band We are Feminists, Fast ein neues Leben von Anna Prizkau und Ein anderes Brooklyn von Jacqueline Woodson.

We are Feminists. Eine kurze Geschichte der Frauenrechte

Wer diesen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich mich auch immer wieder mit dem Feminismus auseinandersetze, zum Beispiel hier oder hier. Allerdings muss ich zugeben, dass es um mein theoretisches und vor allem historisches Wissen zur Frauenbewegung eher dürftig bestellt ist. Umso mehr habe ich mich über den Band We are Feminists gefreut, der die drei Wellen des Feminismus chronologisch skizziert. Dabei werden wichtige Meilensteine und Errungenschaften wie das Frauenwahlrecht, die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen oder die Frauenförderung charakterisiert und durch anschauliche Grafiken einprägsam aufbereitet. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Abtreibungen schon seit 2005 im Iran erlaubt sind, in Irland allerdings erst seit 2018? Oder dass Frauen in Russland bereits seit 1917 wählen dürfen, in der Schweiz aber erst seit 1971? Ich war angesichts mancher Fakten jedenfalls ziemlich erstaunt. Unterbrochen werden die chronologischen Erläuterungen durch kurze Biografien wichtiger Feministinnen wie Millicent Fawcett, Gloria Steinem oder Malala Yousafzai.

We are Feminists ist eine Übersetzung aus dem Englischen, für das Vorwort der deutschen Ausgabe konnte Margarete Stokowski gewonnen werden. Der Band eignet sich hervorragend, um einen ersten Überblick über die Geschichte des Feminismus zu gewinnen und sich Inspiration für die weiterführende Lektüre zu holen. [j]

We are Feminists. Eine kurze Geschichte der Frauenrechte | Prestel | 128 Seiten | 16 Euro

Anna Prizkau: Fast ein neues Leben

Anna Prizkau wurde in Moskau geboren und kam als Kind mit ihrer Familie nach Deutschland. Die in Fast ein neues Leben gesammelten Erzählungen handeln vom Unterschied zwischen Hier und Dort, vom unmöglichen Abschied und ebenso unmöglichen Ankommen, vom Nicht-Dazugehören und Nicht-Mehr-Dazugehören. Sie erzählen dies meist aus der Sicht des Mädchens, das früher als die Mutter und der Vater in Deutschland angekommen ist, sich mit der Sprache leichter anfreundet, andere Kinder kennenlernt, Freunde findet. Viele von ihnen mit ähnlichen Geschichten, manche auch ganz anders.

Die Geschichten fangen im Erwachsenenalter der Protagonistin an und gehen dann zurück in die Kindheit, nicht streng chronologisch, aber doch stetig. Leider werden sie mit größerem zeitlichen Abstand auch immer schwächer, wiederholen sich, gerade in den immer gleichen Phrasen vom alten und vom neuen Land, die das Thema Migration für mich zu sehr auf eine ausschließlich kindlich-emotionale Ebene stellen. Natürlich geht es auch um andere Differenzen, um Armut, fehlende Akzeptanz, auch Konkurrenz unter verschiedenen Gruppen von Migrant*innen. Aber da war mir schon in dem schmalen Bändchen zu wenig Abwechslung drin, zu wenig Inspiration. Starker Anfang, aber dann leider auch stark nachgelassen. Für ein Thema mit so vielen erstklassigen aktuellen Büchern ist das einfach etwas zu wenig. [s]

Anne Prizkau: Fast ein neues Leben| Friedenauer Presse | 111 Seiten | 18 Euro

Jacqueline Woodson: Ein anderes Brooklyn

Nach einem fast neuen Leben nun ein anderes Brooklyn. Was ist anders? Es ist das schwarze Brooklyn der 1970er-Jahre. Ein Bezirk, das heute für Hipster-Viertel und Ausgehmeilen bekannt ist, war damals ein Ort, der im sozialen Abstieg begriffen war. Wohlhabendere Menschen, vor allem Weiße, verließen den Bezirk, Schwarze Menschen und andere Minderheiten kamen nach. Drogen, Gewalt und Sexismus sind an der Tagesordnung, die Armut der meisten Menschen strukturiert das Leben im Viertel.

Jacqueline Woodson erzählt auf einfühlsame Weise vom Aufwachsen der Erzählerin August und deren drei Freundinnen in diesem Umfeld. Erzählt in hingetupften Episoden, wie die Triade von Race, Class und Gender für die vier zu einem lebensbestimmenden Dreieck wird. Wie ihr Weg sich immer weiter vor ihnen auslegt, sie hineingedrückt werden in Wege, die sie nie für sich selbst gesehen hatten. Auch wenn August es am Ende schafft, herauszukommen, zu studieren und im Berufsleben Fuß zu fassen – dies ist lange nicht allen gegeben. Ein hochemotionales Buch über Schwarze Menschen im New York der 1970er-Jahre, über Freundschaft, Ungleichheit und Trauer. [s]

Jacqueline Woodson: Ein anderes Brooklyn | Piper | 160 Seiten | 10 Euro (Taschenbuch)

Kategorie Blog, Kurz angerissen
Autor

Aufgewachsen im schönen Brandenburg lernte ich schon früh die ländliche Einöde lieben und verteufeln zugleich. Heute kehre ich immer wieder gern heim, wohne allerdings lieber in urbanen Räumen. Lesen geht ja zum Glück überall und bietet Ausflüge in diverse Welten. Hier schreibe ich über meine Lektüren.

Kommentar verfassen