Susann Brückner, Caroline Kraft: endlich.

Zum Leben gehört unweigerlich der Tod und zu ihm die Trauer, die so individuell ist wie die Menschen, die sie begleitet. Susann Brückner und Caroline Kraft zeichnen in ihrem Buch endlich. verschiedene Facetten von Trauer nach und fordern einen offeneren Umgang mit ihr.

Susann Brückner, Caroline Kraft: endlich. Über Trauer reden (Cover)

Es gibt diese eine Sache im Leben, die uns alle ereilen wird: den Tod. Den Tod von Bekannten, Nachbar*innen, Freund*innen, Familienangehörigen und zu guter Letzt auch der eigene. »Wir werden alle, alle sterben« wird zu Beginn jeder Folge des Podcasts endlich. gesungen. Einen besseren Einspieler hätten die beiden Podcasterinnen und Autorinnen Susann Brückner und Caroline Kraft nicht wählen können, denn er ist so wahr. Doch der Song hat trotz dieser unumstößlichen Message nichts Trauriges oder Dramatisches an sich, sondern wird im Gegenteil von einer sehr vergnügten Melodie begleitet.

Und so kommt auch der Podcast an sich daher: In jeder Folge sprechen Brückner und Kraft über Tod und Trauer – entweder zu zweit oder mit Gäst*innen –, und es wird viel gelacht, ganz offen und ehrlich ausgepackt und locker über ein in unserer Gesellschaft leider immer noch tabuisiertes Thema gesprochen. Nun haben die beiden zusammen ein Buch geschrieben: endlich. – Über Trauer reden.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der uns der Umgang mit unseren Toten fremd geworden ist.

Ich habe ja irgendwie ein Faible für Bücher, die vom Tod und dem Umgang mit Trauer handeln. Joan Didions Das Jahr magischen Denkens gehört zu meinen Lieblingsbüchern in dem Bereich, und zuletzt hat mich Christian Dittloffs Niemehrzeit sehr berührt. endlich. ist nun das erste reine Sachbuch, das ich zu dem Thema gelesen habe und ich finde, ihr solltet es mir gleichtun.

Susann Brückner und Caroline Kraft erklären in ihrem Buch nicht nur, warum Trauer so wichtig für uns ist und wir sie deshalb auch endlich enttabuisieren sollten. Sie geben auch Ratschläge, wie man Trauernden begegnen kann, wie eine wohltuende Beerdigung aussehen kann, welche Möglichkeiten es da überhaupt gibt. Sie beleuchten, wie die Trauer auf den Körper einwirkt, wie Sex und Trauer zusammengehen, inwiefern ein Suizid sich nochmal anders auf das eigene Trauern auswirken kann und sie zeigen, warum wir Kinder vor der Trauer nicht schützen, sondern sie vielmehr ernst nehmen sollten.

Sich die Trauer zuzumuten befördert die Resilienz – das gilt auch für Kinder. Sie wollen Teil ihrer trauernden Familie sein. Sie wollen einbezogen werden und teilhaben.

Hier wissen zwei Expertinnen ganz genau, worüber sie schreiben: Beide Autorinnen haben in den letzten Jahren sehr plötzlich nahe Angehörige verloren und sich in der Zeit danach intensiv mit dem Trauern auseinandergesetzt. An ihren persönlichen Erfahrungen lassen sie uns in ihrem Buch teilhaben, was endlich. aus der reinen Faktenecke herausholt und unglaublich nahbar werden lässt. Außerdem gibt es einige tolle Interviews, nach jedem Kapitel Song-, Film-, Serien- oder Buchempfehlungen und wunderbar passende Illustrationen von Tine Fetz. Am Ende des Buches findet sich dann noch eine bereichernde Liste von Büchern zum Weiterlesen.

Wir sollten damit anfangen, Trauer, egal wie intensiv und lang sie ist, als gesunde Reaktionen auf einen Verlust zu begreifen.

Ihr merkt es sicherlich schon: Ich bin Fan. ENDLICH gibt es dieses Buch, und bitte lest es alle, alle, alle. Denn der Tod wird uns allen früher oder später begegnen, und dann sollten wir besser vorbereitet sein. Mit endlich. haben wir ab jetzt ja zum Glück das Einmaleins des Trauerns und eine Erinnerung daran, was sich in unserer Gesellschaft im Umgang mit unseren Toten noch ändern muss, immer parat.

Susann Brückner, Caroline Kraft: endlich.: Über Trauer reden (Cover)

Susann Brückner, Caroline Kraft

endlich.: Über Trauer reden
Mit Illustrationen von Tine Fetz

Goldmann

240 Seiten | 17 Euro

Erschienen im März 2022

Kategorie Blog, Rezensionen, Sachbuch

Aufgewachsen im schönen Brandenburg lernte ich schon früh die ländliche Einöde lieben und verteufeln zugleich. Heute kehre ich immer wieder gern heim, wohne allerdings lieber in urbanen Räumen. Lesen geht ja zum Glück überall und bietet Ausflüge in diverse Welten. Hier schreibe ich über meine Lektüren.

5 Kommentare

  1. Vielen Dank, Juliane, für diese Besprechung. Sie machte Freude – das mag beim Thema vielleicht komisch klingen, aber doch. Sie steckte an, das Buch zu lesen und auch deine weiteren genannten Titel habe ich mir notiert, verfrachtet auf den endlos wachsenden Stapel der Dinge, der Bücher, die ich tun oder lesen möchte. Ich habe kurz vor Pandemiebeginn meine Mum verloren und somit waren die Folgen der Pandemie und die Trauer ein untrennbares Etwas, mit dem ich Umgehen lernen musste. Viel Zeit im eigenen Zuhause lässt einen manchmal mehr Denken oder Fühlen, als einem lieb ist; auch retrospektiv war dieses Erleben von Trauer besonders und ja, auch lehrreich. Liebe Grüße vom Brandenburger zur Brandenburgerin!

    • Hallo, lieber Konstantin, vielen Dank für deinen schönen Kommentar. Und ja, das pandemiebedingte Allein- und Mit-sich-selbst-sein kurbelt nochmal andere Gedankenschleifen an als sonst. Ich hoffe, dass dir die Bücher, die ich hier erwähnt habe, genauso viel geben wie mir. Und bloß keinen Lesedruck machen – jedes Buch findet seine Zeit. Ganz liebe Grüße zurück!

      • Vielen Dank, Juliane, für deine Antwort. Nein, nein, kein Lesedruck. Es sind so viele Bücher, die wir lesen könnten, es sind die klugen Entscheidungen oder der Zufall, die uns zu Schätzen führen. Es ist alles notiert und es wird die Zeit kommen. Alles Gute, bis demnächst vielleicht!

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