Zwischen Frankreich und Island: Berit Glanz geht in ihrem neuen Roman Unter weitem Himmel weit in die Vergangenheit, um der Gegenwart mehr Tiefe zu geben. Ruhig und atmosphärisch.

Frankreich und Island erscheinen erstmal kaum als Länder, die viel miteinander zu tun haben. Die Entfernung zwischen beiden ist riesig, die Unterschiede in den Kulturen und Sprachen auch. Umso erstaunlicher, dass im 19. Jahrhundert ein reger Austausch zwischen beiden Ländern stattfand. Denn schon damals segelten französische Fischer bis nach Island, um die – damals noch – schier endlosen Fischgründe dort zu nutzen. Dafür verbrachten die Fischer viele Monate auf ihren Schiffen – gingen jedoch regelmäßig in Island an Land, wo sich eine französisch-isländische Infrastruktur rund um die vielen Fischerboote und ihre Besatzungen bildete.
Unter weitem Himmel von Berit Glanz führt zu gut zwei Dritteln in ebendiese Geschichte. Wir verfolgen einen französischen Fischer, eine isländische Krankenschwester und ihre Familie dabei, wie sie sich über den Verlauf des Romans einander annähern. Zu diesem historischen Teil gesellt sich dann noch ein Gegenwartsplot, in dem sich zwei Zugewanderte durch Zufall kennenlernen und näherkommen.
Die Geschichten sind behutsam ineinander verflochten und zeichnen so ein weit aufgespanntes Bild Islands als überaus schroffe und an sich eher lebensfeindliche Insel, die bevölkert ist von schweigsamen und bisweilen schrulligen, aber überaus liebenswerten und freundlichen Menschen. Dazu bestimmen die Themen Liebe und Zuwanderung nach Island den Roman, was zu den unterhaltsamen Plots für viel Anschlusspotenzial sorgt.
Sprachlich hat mir das auch sehr gefallen, allerdings driftet der Text, der von seiner ganzen Anlage her ja schon deutlich Richtung historischer Roman geht, etwas zu sehr in dieses Gefilde ab. Das zeigt sich für mich vor allem in gelegentlich etwas hölzernen Dialogen, die nur den Zweck haben, bestimmte Sachverhalte zu erklären, aber wenig für die Figuren tun.
Unter weitem Himmel von Berit Glanz überzeugt mit einer wunderbar dichten Atmosphäre und kunstvoll ineinander geflochtenen Plots, die den eigentlich eher ruhigen Roman zu einem Pageturner machen. Das tröstet auch locker über die stellenweise etwas hölzernen Dialoge hinweg.
Berit Glanz: Unter weitem Himmel | Berlin Verlag | 256 Seiten | 24 Euro | Erschienen im September 2025
