Durch Corona ist es etwas ruhiger geworden um das eigentliche Thema dieser Jahre: den menschengemachten Klimawandel. Das Klimabuch von Esther Gonstalla (oekom Verlag / bpb) bietet einen exzellenten Einstieg und einfache Tipps, wie jede*r den eigenen Beitrag zur Erderwärmung verringern kann.
Beiden Phänomenen – dem Corona-Virus und dem Klimawandel – ist eins gemein: sie sind sehr komplex, ihre Erforschung ist daher noch augenscheinlicher als andere Forschung von unterschiedlichen Stoßrichtungen, Fehlinterpretationen und natürlich auch ideologischen Vereinnahmungen geprägt. Die Akzeptanz von komplexen Zusammenhängen und der Wissenschaft als nicht-linearem Prozess sinkt in unserer Gesellschaft immer weiter, vermutlich geknüpft an die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich, niedriger und hoher Bildung, kleiner und großer Chancen an gesellschaftlicher Teilhabe, und damit verknpft der Angst, den eigenen Status zu verschlechtern.
Erst Anfang des Monats, am 1. August 2020, zogen zigtausend Menschen durch Berlin, um gegen die ihrer Meinung nach unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen der deutschen Politik zu demonstrieren. Das krude Gemisch aus Esotheriker*innen, Verschwörungsgläubigen, rechtsoffenen Wutbürger*innen und Neonazis erinnert stark an Demonstrationen der letzten Jahre. Doch ging es dort nicht um ein Virus, dessen Existenz oder dessen Ernsthaftigkeit in Zweifel gezogen wird, sondern um den Klimawandel, den die Demonstranten als Erfindung zu ihrer Schikane und zur Bereicherung für »die da oben« empfinden.
Wer sich aber noch an das Klima heranwagen möchte, dem sei Das Klimabuch von Esther Gonstalla wärmstens ans Herz gelegt. Die Illustratorin hat mit Hilfe von prominenten Klimaforschern den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammengetragen und in 50 Grafiken übersetzt. Sie sind einfach zu verstehen und arbeiten sich vom Großen ins Kleine vor, sodass gewissermaßen beim Lesen des Buches ein Mosaik entsteht, das den Leser*innen das gesamte Ausmaß der Lage transparent macht.
Ich habe die Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung gekauft, die fast geschenkt ist. Wer es schöner haben will, kauft sich die Originalausgabe vom oekom Verlag. Inhaltlich sind sie natürlich wie immer identisch. Mit zwei Farben erklären die großformatigen Schaubilder alle Aspekte der komplexen Klimaerwärmung. Angefangen bei den Grundzusammenhängen von Klima und CO2 über den Beitrag des Menschen und dessen Auswirkungen geht es immer wieder in die unbequemen Details. Aber nicht ohne am Ende noch Lösungsansätze aufzuzeigen, die Hoffnung zumindest nicht ausschließen.
Besonders die lebensnahen Details haben mich genauso fasziniert wie erschreckt. So geht es in kleinen Exkursen um Ernährung, die Auswirkungen von Fleischproduktion, Palmöl, Monokulturen im allgemeinen. Es geht um Flugreisen und Tourismus sowie den globalisierten Warenverkehr. Alles Aspekte, an denen jede*r von uns partizipiert. Genauso geht es aber auch um Industriethemen, die nur vermittelt im Einflussbereich von Verbraucher*innen liegen, das Klima aber stark beeinflussen.
Nun werden sich jene, die sich den Erklärungen der »Schulmeinung« oder der »Mainstreammedien« schon komplett verweigern, leider kaum umstimmen lassen, auch nicht durch ein exzellent recherchiertes und genial illustriertes Buch wie Das Klimabuch von Esther Gonstalla. Für alle anderen ist es jedoch perfekt, um sich dem komplexen Thema anzunähern und die eigenen Gewohnheiten auf die Probe zu stellen. Auch den Blick auf die großen Verschmutzer wie Industrie und Transport lässt der Titel nicht aus und zeichnet damit ein komplettes Bild, das nachdenklich stimmt. Aber auch Hoffnung ist angebracht, denn noch ist es nicht zu spät, die Folgen zumindest abzumildern.
Esther Gonstalla
Das Klimabuch
oekom Verlag / bpb
128 Seiten | 24 Euro / 7 Euro
Erschienen am 5.8.2019