Und sonst so? [Monatsrückblick Mai 2022]

Erst schnuppern wir nach der Rückkehr aus New York am Sommer, dann geht es wettertechnisch zurück in den Herbst, und schon treffen die ersten Leseexemplare der Herbstprogramme ein – was sonst noch so los war im Mai, erfahrt ihr hier.

Gelesen

STEFAN: Drei Romane und ein Sachbuch habe ich im Mai rezensiert, durchweg gut! Wozu Rassismus? von Aladin El-Mafaalani ist eine sehr gute Einführung ins Thema, die niedrigschwellig rassistisches Denken und die historischen Motive dahinter sichtbar macht und auch höchst aktuelle Phänomene wie die von Konservativen heraufbeschworene »Cancel Culture« in den Blick nimmt. Automaton von Berit Glanz ist eine Near-Future-Geschichte über Plattformkapitalismus und Ausbeutung, aber auch über das Gute im Menschen. Etwas weiter in die Zukunft schaut Rudi Nuss in Die Realität kommt, wo sich virtuelle Realitäten immer weiter vermehren und am Ende pure Verzerrung übrig lassen – aber auch hier steht das menschliche Zusammensein im positiven Mittelpunkt. Das Gegenteil demonstriert gewissermaßen Rafael Horzon in seiner Berlin-Mitte-Farce Das neue Buch, das den Literatur- und Kunstbetrieb hart anzählt und in Absurditätsschleifen vordringt, die frohlocken lassen.

JULIANE: Ich habe im Mai endlich das sehr gute Buch Nullerjahre von Hendrik Bolz ausgelesen. In diesem Memoir schreibt der Sänger – als Testo ist er Teil des Hip-Hop-Duos Zugezogen Maskulin – über sein Erwachsenwerden als Wendekind im Stralsund der frühen 2000er. Blühende Landschaften hatte Kanzler Kohl zehn Jahre zuvor versprochen, Bolz’ Realität ist jedoch von Nazis, Drogen und Arbeitslosigkeit im Plattenbau geprägt. Sehr eindrucksvoll. Direkt im Anschluss habe ich dann Ein Mann seiner Klasse von Christian Baron begonnen zu lesen und finde es bisher auch super.

Gesehen

JULIANE: Momentan läuft es zwar nicht mehr im Berliner Ensemble, aber falls es neue Termine geben sollte, möchte ich euch wärmstens It’s Britney, Bitch! ans Herz legen. Das Stück von Lena Brasch und Sina Martens zeigt auf eindrückliche Weise, wie die gefeierte Popkünstlerin Britney Spears zunächst von den Medien zerrissen und schließlich von ihrem Vater als Marionette be- und ausgenutzt wurde. Eine super Ergänzung zu allen Britney-Dokus und Sina Martens in der Hauptrolle legt eine unglaubliche Performance auf die Bühne.

STEFAN: Ein ausgewachsener Kater braucht einen Serienmarathon. So geschehen an einem hart getroffenen Sonntag mit der zweiten Staffel The Wilds. Die in der ersten Staffel funktionierende Mischung aus Lost und Lord of the Flies wird wiederholt, aber mit einer zweiten Gruppe verdoppelt. Am Ende nicht schlecht, aber auch einfach nicht mehr so frisch und etwas repetitiv. Naja, für den Katersonntag hat’s gereicht (und vielleicht bin ich auch ein paar Mal weggenickt).

Gehört

JULIANE: Am 13. Mai haben Florence + The Machine ihr mittlerweile fünftes Album mit Titel »Dance Fever« veröffentlicht, und es ist ganz zauberhaft. Ich mag besonders den Song »Free« und das dazugehörige Video mit Bill Nighy in der Rolle als Florence Welchs personifizierter Angst.

STEFAN: Ich bin irgendwie mal wieder auf The Tidal Sleep gekommen und habe mich nochmal durch die Alben gehört. Geschmack ändert sich ja, und irgendwie gefiel mir jetzt doch das letzte Album Vorstellungskraft richtig gut – mit dem Alter kommt wohl die Tendenz zu weniger harten Sachen. Aber mal wieder ein guter Einstieg, die gradlinigen und insgesamt etwas poppigeren Songs haben mir richtig gut gefallen. Wobei »poppig« hier natürlich immer im Post-Hardcore-Kontext bleibt.

Gemacht

JULIANE: Im Mai war echt viel los, die ersten wirklich warmen Tage des Jahres machten es möglich. Wir haben unseren Balkon bepflanzt, eine Bootsfahrt über die Spree unternommen, ich war auf dem Berlin-Konzert von Róisín Murphy (soooo gut!) und bin mit einer Freundin an Himmelfahrt seit Jahren mal wieder die Fläming-Skate entlanggedüst. Mai, du warst gut zu uns.

STEFAN: Außerdem waren wir auf den Maientagen, einer Kirmes in der Neuköllner Hasenheide, wo so ziemlich alle Menschen aus der ganzen Umgebung zusammenkommen, um schlechtes Essen zu konsumieren und Wilde Maus zu fahren. Ein tolles Ding, das dieses Jahr leider zum letzten Mal in der Hasenheide stattgefunden hat. Ich hoffe sehr, dass sich ein guter neuer Platz für den Rummel findet, denn die Mischung der Menschen und Fahrgeschäfte ist schon einfach toll. Auch wenn ich die diversen Dreh-Buden echt nicht mehr vertrage. Das war doch mal anders?!?!

Geklickt

JULIANE: Meine Freundin Marie arbeitet seit Kurzem in der Redaktion des Online-Magazins Edition F und hat hier u.a. eine Kolumne zu Reality TV und Männlichkeit geschrieben – ein Themenduo, das mir sehr gefällt.

STEFAN: Komm zurück zu Mutti!

Kategorie Blog, Mischmasch

Ich bin im Niemandsland von NRW zwischen Tagebauten und Kraftwerken aufgewachsen, da gab es nur wenige Argumente gegen ausgiebiges Lesen, um der Tristesse zu entkommen. Dann ging es nach Aachen, später nach Köln, dann nach Göttingen und nun lebe ich in Berlin und arbeite als Buchhersteller. Nebenbei spiele ich noch in Bands, meine zweite Leidenschaft ist ganz klar die Musik! Oder doch Kochen und Essen? Schwer zu sagen.

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