Mit der Zauberflöte gegen das Patriarchat: Olga Hohmann erzählt in ihrem Debütroman In deinem rechten Auge wohnt der Teufel eine Coming-of-Age-Geschichte auf eine höchst ungewöhnliche Weise.
»Irgendwas mit Medien« ist eine Phrase, die man im Studium nur zu oft hört, wenn es um Fragen der Zukunft geht. Man weiß dann schon, dass hier wahrscheinlich nichts Gutes bei rumkommen wird, denn gerade die Medienbranche ist so hart, dass Unentschiedenheit kaum gelten gelassen wird. »Irgendwas mit Kunst/Literatur/Theater« ist dann die Steigerung, bei der auch die Aussicht auf ein in irgendeiner Weise faires Einkommen von vornherein negiert werden muss.
Wenn es denn nur das Geld wäre. Mit wenig Geld würde sich die Protagonistin von In deinem rechten Auge wohnt der Teufel von Olga Hohmann wohl noch ganz gut abfinden können. Was ist schon Geld gegen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun? Okay, Schluss mit den Plattitüden. Der Punkt ist, dass der Protagonistin Geld lange nicht so wichtig ist wie Anerkennung und ein fairer Umgang. Doch schon als es auf der Theaterschule für sie im Regiekurs losgeht, gehen praktisch alle Hoffnungen den Bach runter. sie versinkt mit ihren Kommiliton*innen in einem Sumpf aus Hochnäsigkeit, Missgunst und Vorurteilen. Kurz: Das komplett männliche Kollegium ist das fleischgewordene Patriarchat.
In deinen Augen wohnt der Teufel erzählt das Coming-of-Age der Protagonistin in der Art einer vielstimmigen Collage. Episoden und Versatzstücke aus dem Aufwachsen kombiniert die Erzählstimme mit Zitaten aus verschiedenen anderen Werken, vor allem Mozarts Zauberflöte taucht immer wieder auf, sowie der Geschichte der erfolglosen Sängerin Florence Foster Jenkins und einem Haufen wiederkehrender Sprüche, Zitate, Aphorismen unterschiedlichster Herkunft.
Es handelt sich bei dem Roman also um alles andere als einen Schmöker, und doch erzeugt er einen feinen Sog, der immer stärker wird, je weiter man liest, je vertrauter man mit den verschiedenen Strängen wird, die sich immer enger zusammenknüpfen und mit der Zeit auch gemeinsam mehr und mehr Sinn ergeben. Das macht In deinem rechten Auge wohnt der Teufel zu einem überraschenden und höchst ungewöhnlichen Coming-of-Age-Roman, gewissermaßen die feministische Gegenfolie zum memoirhaften Schmöker.
Olga Hohmann: In deinem rechten Auge wohnt der Teufel | Korbinian | 240 Seiten | 20 Euro | Erschienen im Oktober 2023