Und sonst so? [Monatsrückblick März 2024]

Mal wieder ein trauriger Rekord, der März in Deutschland war der wärmste der Wetteraufzeichnungen. Ansonsten läuft das Frühjahr, und sogar der literarische Herbst kündigt sich schon an. Was sonst noch so los war, lest ihr hier.

Gelesen

JULIANE: Der März war zwar ein eher langer Monat, aber trotzdem habe ich nur ein einziges Buch gelesen, nämlich Söhne großziehen als Feministin von Shila Behjat. In diesem persönlichen Sachbuch führt die Autorin und Mutter von zwei Söhnen ein Streitgespräch mit sich selbst und beleuchtet dabei verschiedene problematische Aspekte unseres Lebens im Patriarchat – nicht nur für Eltern interessant.

Und dann ist noch etwas sehr Aufregendes passiert: Elina Penner hat mich und meinen Streetstyle für ihr Online-Magazin Hauptstadtmutti porträtiert. Diesen Artikel habe ich im März dann natürlich direkt mehrmals lesen. Hihi

STEFAN: Ich habe mein erstes literarisches Elternzeitprojekt abgeschlossen und Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey beendet und war ziemlich begeistert. Die soziologische Studie beleuchtet das Milieu der Querdenker*innen und legt dem eine große Gesellschaftsanalyse zugrunde. Der im Blurb versprochene Pageturner war hier tatsächlich mal nicht übertrieben. Rezi folgt.
Außerdem habe ich Hyperpolitik von Anton Jäger gelesen, ein Essay, der ziemlich gut an Gekränkte Freiheit anschließt. Er konzentriert sich auf die hypernervöse politische Landschaft seit dem Aufkommen des neuen Rechtspopulismus weltweit und ordnet diesen historisch ein.
Aber literarisch ging natürlich auch was. Erstmal ein Opus Magnum, nämlich Vierundsiebzig, der neue Roman von Ronya Othmann. Er schließt an ihr großartiges Debüt Die Sommer an, ist aber komplett anders, denn er reflektiert den Versuch, als in Deutschland lebende, nicht-religiöse Jesidin über den Völkermord an den Jesiden durch den IS 2014 zu schreiben.

Auf dem Blog gingen derweil im März einige Rezensionen online. Neu war vor allem meine Besprechung von Thea Mengelers neuem Roman Nach den Fähren, der sehr atmosphärisch von einer aus der Welt gefallenen Insel erzählt, sowie von Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten, dem neuen Roman von Slata Roschal, in dem es überaus literarisch um Mutterschaft und Selbstbehauptung geht. Beide absolute Empfehlungen.
Doch auch der Rest ist empfehlenswert: Die postmigrantische Spurensuche Für Seka von Mina Hava, das Requiem für seine Mutter, Eigentum von Wolf Haas, der flotte Berlinroman Südstern von Tim Staffel, der bekiffte Favelaroman Via Ápia von Geovani Martins und nicht zuletzt Die Wunde von Oxana Wassjakina, die über den Verlust der Mutter und den langen Weg zu ihrem Begräbnis schreibt, was für mich allerdings etwas zu sentimental und essayistisch geraten ist.

Gesehen

JULIANE: Schwangerschaft, Geburt und Babys – das sind irgendwie immer noch meine Themen momentan. Und gerade Geburten, aber auch Schwangerschaften werden in den meisten Serien und Filmen so unrealistisch dargestellt (oder Teile davon oft gar nicht, wie im Fall des Wochenbetts), dass ich mich sehr über die ZDFneo-Produktion Push gefreut habe. In dieser sechsteiligen Miniserie wird der Alltag von einigen Krankenhaushebammen authentisch und wertschätzend gezeigt. Hier und da wirkt die Serie vielleicht etwas pädagogisch, aber alles in allem eine große Empfehlung.

STEFAN: Es ist wieder Zeit für Guilty Pleasures! Durch Zufall habe ich die fünfte Staffel von The Rookie auf WOW entdeckt und bin gleich wieder in die Welt der L.A.-Cops abgetaucht. Routinierte Feelgood-Serie at its best. Außerdem habe ich The Regime und Helgoland 513 auf WOW eine Chance gegeben, beide Serien konnten mich aber überhaupt nicht kriegen.
Gut war dagegen die dritte Staffel Sløborn auf ZDF. Sie kam zwar nicht mehr an die drängende Spannung der ersten beiden ran, die passten während der Pandemie aber einfach auch viel zu gut zum Zeitgeschehen.

Gehört

JULIANE: Im März habe ich mal wieder einen neuen Investigativjournalismus-Podcast (nennt man die so?) für mich entdeckt. Es geht um die fünfteilige Spiegel-Produktion NDA: Die Akte Kasia Lenhardt, in der Nora Gantenbrink und Maike Backhaus versuchen herauszufinden, was damals wirklich zwischen der Influencerin, die 2021 Suizid begann, und dem Profifußballer Jérôme Boateng passiert ist.

STEFAN: Musikalisch läuft mit Baby grade irgendwie wenig, auf den vielen Schläfchen-Spaziergängen laufen aber dafür Podcasts umso besser. Meine derzeitigen Neuentdeckungen sind Hörsaal von Deutschlandfunk Nova und Streitkultur von Deutschlandfunk. Ersteres bietet durchweg gute und interessante Vorträge aus Ringvorlesungen und ähnlichem über aktuelle Forschungsthemen, die meist auch einen gesellschaftspolitisch relevanten Anlass haben. Etwa das Schreiben über die Klimakatastrophe oder die Veränderung von Sprache, die sich beim Gendern gerade besonders deutlich zeigt. In Streitkultur sprechen zwei Personen mit meist gegensätzlichen Meinungen zu einem Thema miteinander. Das ist erfreulich dialogisch, selbst wenn Politiker*innen streiten, wie etwa beim Gespräch zwischen CDU-Hardliner Mathias Middelberg und Luisa Neubauer.

Gemacht

JULIANE: Wir haben im März so richtig die Seele baumeln lassen – also soweit das mit einem Baby möglich ist. Mitte des Monats waren wir bei Freunden auf dem sächsischen Land und haben uns dort nicht nur von den beiden Katzen anschmusen lassen und einen Rentnerhund Gassi geführt, sondern auch bis spät in den Abend (bei uns bedeutet das mittlerweile 23 Uhr! haha) Dorfromantik gespielt – nicht umsonst zum Spiel des Jahres 2023 gewählt!

STEFAN: Wir waren mal wieder eine Woche in Schleswig-Holstein, um Landluft zu schnuppern. Absolut erholsam, neben Ponys, Puten und kilometerweiten Feldern die Stadt hinter sich zu lassen und auf Gut Deutsch-Nienhof schön zu entschleunigen.

Kategorie Blog, Mischmasch
Autor

Ich bin im Niemandsland von NRW zwischen Tagebauten und Kraftwerken aufgewachsen, da gab es nur wenige Argumente gegen ausgiebiges Lesen, um der Tristesse zu entkommen. Dann ging es nach Aachen, später nach Köln, dann nach Göttingen und nun lebe ich in Berlin und arbeite als Buchhersteller. Nebenbei spiele ich noch in Bands, meine zweite Leidenschaft ist ganz klar die Musik! Oder doch Kochen und Essen? Schwer zu sagen.

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