Charlottenburg meets Hollywood: Palo Santo erzählt in filmreifen Bildern von Hedi und Golo, von Liebe und Angst, Flucht und Verlust – und von der Macht der Träume, die hier im Mythos Los Angeles zusammentreffen.

Die Geschichte von Hedi und Golo beginnt in Berlin, wo sie sich als Mittzwanziger kennen- und lieben lernen. Doch die Welt um sie herum wird immer beengender, die Politik driftet ins Faschistische ab, nimmt ihnen zunehmend den Raum zum Atmen. Sie reden darüber, zusammen zu verschwinden, auszuwandern – nach L.A. Noch bevor sie sich dazu durchringen können, kommt die Beziehung allerdings an ihr Ende. Doch beide gehen unabhängig voneinander an den Ort ihrer Träume, wo sie sich auf eine Weise wieder treffen, die sie nicht erwartet hatten.
Palo Santo von Sascha Ehlert vereint die Schilderung der beiden mit dem Leben von Billy Wilder, der vor der Machtergreifung der Nazis ebenfalls von Berlin nach L.A. auswanderte, um dort seinen Traum zu leben und einer der größten Regisseure seiner Zeit zu werden. Durch das leichte Near-Future-Setting kann der Roman die aktuellen politischen Tendenzen noch ein Stück weiterdrehen und so die Assoziation der beiden Zeitebenen auf die Spitze treiben. Allerdings wirkt die Schilderung des Politischen im Roman nicht immer ganz organisch, sie fällt gegen die sehr einfühlsam erzählte Geschichte von Hedi und Golo etwas ab.
Palo Santo ist ein schön erzähltes Debüt, das Realität und Traum sanft zusammenbringt und zwischen den höchst zeitgemäßen Figuren Golo und Hedi spielerisch changiert. Die Einflechtung Billy Wilders funktioniert gut, die politische Grundierung hätte für mich aber etwas subtiler ausfallen können.
Sascha Ehlert: Palo Santo | Claassen | 240 Seiten | 22 Euro | Erschienen im Mai 2025
Disclaimer: Ich arbeite bei den Ullstein Buchverlagen, zu denen auch Claassen gehört. Der Text gibt komplett meine persönliche Meinung wieder.