Ozan Zakariya Keskinkılıç: Hundesohn

Berlin und Adana: Hundesohn von Ozan Zakariya Keskinkılıç spannt Bögen zwischen Gegenwart und Vergangenheit, um dem Begehren auf die Schliche zu kommen.

Ozan Zakariya Keskinkılıç, Hundesohn, Cover

Zeko lebt in Berlin. Seine Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland gekommen, aus Adana, um genau zu sein. Dort verbringt er als Kind immer seine Ferien, lernt die Familie und das Land der Eltern kennen. Und den Nachbarsjungen Hassan. Er ist der Fixpunkt von Zekos Begehren, das neben One-Night-Stands und anderen Liebschaften Bestand hat.

Und doch steht seine Liebe zu Hassan alles andere als auf einem gesunden Fundament. In Hundesohn erzählt Zeko immer abwechselnd von der Vergangenheit mit Hassan, mit seinem Großvater, genannt Dede, und anderen prägenden Männerfiguren in seinem Leben, und aus der Gegenwart in Berlin, wo er Männer datet oder mit seiner besten Freundin Pari spricht, die so gar nicht auf den Mund gefallen ist und ihm immer wieder den Spiegel vorhält. Und das ist in Hinsicht auf sein zwischen Hoffnung und Fixierung schwankendes Verhältnis zu Hassan auch bitter nötig.

So spannt der Roman einen großen Bogen zwischen Adana und Berlin, die Vergangenheit und Gegenwart sind, aber auch Tradition, Religion und Brauchtum, Sicherheit, Familie und Geborgenheit mit Einsamkeit, Individualismus, Queerness und den oft überfordernden unendlichen Optionen der Großstadt kontrastiert.

Die Sprache ist einfühlsam und sicher, hat allerdings eine Tendenz zum Pathos, was mir gelegentlich etwas zu viel war. Ansonsten werden alle bekannten Themen der aktuellen postmigrantischen Literatur bedient, was durch die gute und poetische Sprache aber meist nicht zu repetitiv wirkt. Ein Debüt, das Lust auf mehr macht!

Ozan Zakariya Keskinkılıç: Hundesohn | Suhrkamp | 219 Seiten | 24 Euro | Erschienen im September 2025

Kategorie Blog, Rezensionen

Ich bin im Niemandsland von NRW zwischen Tagebauten und Kraftwerken aufgewachsen, da gab es nur wenige Argumente gegen ausgiebiges Lesen, um der Tristesse zu entkommen. Dann ging es nach Aachen, später nach Köln, dann nach Göttingen und nun lebe ich in Berlin und arbeite als Buchhersteller. Nebenbei spiele ich noch in Bands, meine zweite Leidenschaft ist ganz klar die Musik! Oder doch Kochen und Essen? Schwer zu sagen.

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